Leserückblick März 2020

Wie angekündigt, folgt hier der letzte Leserückblick. Zukünftig berichte ich über meine gelesenen Bücher, sobald ich mit ihnen fertig bin.

Es mag seltsam klingen, aber im März las ich Der phantastische Reiseführer 2020. Gleich siebzehn Kleinverlage haben sich wieder zusammengetan, um für die LBM 2020 diese kleine Übersicht für Messebesucher zu erstellen und auf sich aufmerksam zu machen. Darin stellen sich die beteiligten Verlage und ihre Neuerscheinungen vor und es gibt einen Lageplan, damit man sie im Wirrwarr der Gänge leichter findet. Das Büchlein ist nicht besonders dick, aber es ist informativ und mir machte es Spaß, es zu lesen – trotz des Hintergrunds, dass die LBM 2020 abgesagt und der Reiseführer dadurch praktisch zu einer amüsanten Erinnerung eines nicht stattfgefundenen Ereignisses wurde. Ich weiß die Arbeit, die darin steckt, zu schätzen. Vielleicht ist mir dieses Büchlein sogar noch mehr wert als das vom vergangenen Jahr, weil es durch die Absage der Messe etwas Besonderes ist. Ob ich es eines Tages für viel Geld auf eBay versteigern kann? 😄

Anschließend las ich von Frank Schätzing den Thriller Lautlos. Er spielt 1999 in Köln. Die weltpolitische Elite trifft sich zum G-8-Gipfel. Der Physiker Dr. Liam O’Connor hat das zweifelhafte Vergnügen, Lesungen in der Stadt im Ausnahmezustand abzuhalten und Termine wahrzunehmen. Durch Zufall stößt er auf die Möglichkeit, dass ein Attentat geplant sein könnte.
Die Geschichte beginnt schon 1998, aber das eigentliche Geschehen findet 1999 statt. Obwohl man als Leser die Verschwörer schon gleich am Anfang begleitet, weiß man nicht, was sie genau vorhaben und wie sie es umsetzen wollen. Das erfährt man erst durch O’Connor, der der Katastrophe auf den Grund geht. Dabei war es total spannend, seinen Theorien zu folgen, die sich teilweise nur Minuten später bewahrheiteten.
Der Mann ist ein heller Kopf und wurde vom Autor mit einem sehr markanten Charakter „gesegnet“. Jeder andere würde ihn als nervtötend beschreiben. Aber wenn man über ihn liest, ist er einfach ein besonderer Mann, dessen Flausen mir diebische Freude bereiteten. Auch seine Helfer, die PR-Agentin, der Lektor, ein Reporter und ein paar höhere Polizeibeamte, wurden mit einer ordentlichen Persönlichkeit ausgestattet. Da knisterte es häufig aufgrund diverser Spannungen. Selbst die Bösewichte kommen nicht zu kurz, wenn auch kürzer als die Guten. Sonst könnte man sie womöglich durchschauen. Trotzdem hat jeder seine eigene Geschichte, die sein Handeln beeinflusst. Das ist bei den relativ vielen Figuren, die hier vorkommen, doch mit viel Arbeit verbunden.
Leider weiß ich nicht, wie der Schreibstil um die Jahrtausendwende generell war, was Thriller betrifft. Damals las ich zwar durchaus bereits Erwachsenenbücher, aber ein Thriller wie Lautlos wäre doch noch zu schwer für mich gewesen und ich hätte mich wegen des politischen Hintergrunds schnell gelangweilt. Heute fand ich manchmal die ausufernden Gedankengänge über Patriotismus, Gerechtigkeit, Ausgleich, Opferrolle usw. ziemlich langatmig. Sowas habe ich bisher, soweit ich mich erinnern kann, noch nicht gelesen. Fällt es also unter den Stil des Autors oder war das damals einfach so? Ich hätte aus heutiger Sicht vermutlich locker hundert Seiten gekürzt und das Tempo dadurch angezogen, ohne dass man etwas vermisst hätte. Trotzdem ließ sich der Roman sehr gut lesen.
Dieser Thriller ist durch sein Thema im Jahr 1999 festgezurrt. Selbst wenn man ihn gedanklich auf einen aktuellen G-8-Gipfel übertragen wollte, es würde nicht gehen. Clinton, Milosevic und Schröder sind einfach Namen, die diese Geschichte in ihrer Zeit festhalten. Das macht ihn allerdings nicht weniger spannend. Er ist lediglich nicht mehr so aktuell. Gerade das hat mich aber besonders gefesselt. Der Autor spielt mit der Möglichkeit, dass damals ein Attentat hätte stattfinden können oder sogar stattgefunden hat. Ich war damals vierzehn. Woher soll ich wissen, was damals wirklich passiert ist? Nachrichten waren dazu da, GameBoy zu spielen und nicht zuzuhören. Aber genau aus diesem Grund konnte ich mich auf diese Möglichkeit einlassen und habe diesen Roman verschlungen. Ich denke, dass trotz der Fiktion vieles so oder ähnlich stattgefunden hat, also die Vorbereitung Kölns auf die hohen Herren der G-8-Staaten zum Beispiel. Letztlich ist es ein sehr guter Thriller.

Da dieser Thriller jedoch fast siebenhundert Seiten stark ist, habe ich es im vergangenen Monat nicht mehr geschafft, noch ein weiteres Buch zu beenden. So können wir uns schon ein wenig an die Neuerungen gewöhnen, die ich gerade einführe. Schätzungsweise nächste Woche könnte es dann zur ersten Buchbesprechung nach neuem Format kommen. Ich freue mich schon darauf.

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