Es folgt auch schon der nächste Leserückblick. Bei diesem schmalen, 117 Seiten umfassenden Bändchen von Anja Bagus fiel es mir leicht, die Geschichte zu verschlingen.
In dem Buch geht es um die Holmili Jeris und den Nebling Ferun. Ihre beiden Völker befinden sich im Krieg. Bei einem Unfall landet Jeris im unterirdischen Reich der Neblinge und verliert dabei ihre Flügel aus Eis. Sie lernt Ferun kennen, der ganz anders ist als in ihrer Vorstellung. Gemeinsam kommen sie einem Geheimnis auf die Spur, das ihre beiden Reiche in Gefahr bringen könnte.
Ich liebe ja Wortschöpfungen wie Nebelreich, Eismoor, Nebelstein und Nebelparder. Sie bringen meine Fantasie zum Glühen und meine Kreativität zum Seufzen, weil ich auch so fantasievolle Geschichten schreiben möchte. Von ihnen gibt es einige in diesem Buch, die mein Herz höher schlagen ließen. Allein deshalb war es wirklich schade, dass es sich nur um eine Novelle handelt, die für ihre Kürze bekannt ist.
Die Vorstellung einer Fee mit Flügeln aus Eis hat mich direkt gepackt. Die Flügel müssen wunderschön aussehen! Zugleich sind damit auch Gefahren verbunden. Ein Holmili kann sich nicht in wärmeren Bereichen aufhalten, weil das Eis unweigerlich schmelzen würde. Außerdem ist das dünne Eis auch sehr zerbrechlich. Allein die Flügel bieten viel Potential für Konflikte in der Geschichte, das die Autorin meiner Meinung nach auch toll ausgeschöpft hat. Den fröhlichen Holmili stehen die ernsten und gefühlskalten Neblinge gegenüber. Ihre Haut ist dunkel, von dunkelgrau bis schwarz. Aber nicht alle Neblinge sind vollkommen gefühllos. Ferun gehört zu den wenigen, die durchaus Gefühle empfinden können, und er zeigt sie über seine Augen, die je nach Stimmung in einer anderen Farbe leuchten. Das dürfte das Lügen deutlich erschweren, weshalb mir diese Eigenschaft sehr gefällt. Außerdem können Neblinge eine Lichtkugel erzeugen, was eine sehr praktische Fähigkeit ist, wenn man unter der Erde lebt. Zusammengefasst dürfte klar sein, dass Jeris und Ferun ein sehr ungleiches Gespann sind, das sich toll ergänzt.
Der Schreibstil der Autorin ließ sich flüssig lesen und unterstützte die zeitweise düstere Stimmung. Sie schaffte es, die Spannung selbst in ruhigeren Szenen hoch zu halten. Nun ja, es muss einen Grund haben, weshalb ich nach so langer Zeit, in der ich mich eher durch die Bücher quälte, ein Buch innerhalb von zwei Tagen verschlang. Das liegt definitiv am Schreibstil und der Geschichte an sich, die mich mitrissen.
Zur Geschichte selbst will ich nicht mehr verraten, als ich bereits geschrieben habe, weil ich niemandem die Spannung verderben will. Finde selbst heraus, weshalb ich das Buch so toll finde. Du brauchst dazu keine Vorkenntnisse, obwohl es bereits mehrere Bücher und Anthologien gibt, die in den Herbstlanden spielen. Jedes Buch zu dieser Welt, das ich bisher gelesen habe, kann für sich allein stehen. Aber ich warne dich. Diese Bücher bergen ein Suchtpotential in sich, das man gerne unterschätzt. Fängst du mit einem an, wirst du die anderen Herbstlandebücher auch lesen wollen.