Seit dem letzten Schreibupdate habe ich knapp neun Stunden überarbeitet. Das ist nicht viel, zumal ich auch nicht geschrieben habe. Ich kann mich nur mit der Hitze und meiner generellen Abneigung gegen das Überarbeiten herausreden. Es zieht sich wie ein alter Kaugummi.
Meine Geschichte für die Ausschreibung Grenzen – Ende oder Anfang? ist eigentlich fertig. Ich schreibe eigentlich, weil eine diffuse Unsicherheit mich plagt. Ich habe sie ausführlich überarbeitet. Du erinnerst dich sicher, dass ich für diese Geschichte mehr Überarbeitungsdurchläufe gemacht habe, als ich es sonst tue, weil es bei diesem Wettbewerb nur einen Sieger geben kann und ich das so unheimlich gerne wäre. Mein Mann las sie letztes Wochenende und hatte auch nur an zwei Absätzen zu mäkeln, dass ich ihm da nur Tatsachen um die Ohren haue und ihm verschlossen bleibt, was meine Figuren dabei fühlen. Mein übliches Problem also, das ich im Rest der Kurzgeschichte gut gelöst hatte. Ich setzte mich also noch einmal speziell an diese beiden Absätze und bin der Meinung, dass ich es nicht mehr besser hinkriege. Trotzdem empfinde ich diese Unsicherheit. Will ich die Geschichte nicht loslassen? Könnte ich es vielleicht doch noch besser? Ist das jetzt der Druck, weil ich das Preisgeld für ein neues, noch geheimes Projekt gut gebrauchen könnte? Ich bin zwiegespalten. Auf der einen Seite will ich die Geschichte abschicken, auf der anderen – ungern – noch einmal überarbeiten. Ob sich das Gefühl legt, wenn ich mir die Kurzgeschichte noch einmal durchlese? Ich habe nicht mehr viel Zeit. Abgabefrist ist der 31. August. Hier stehe ich vor einem Problem, das ich eher selten habe, aber normalerweise steht für mich auch nicht so viel auf dem Spiel.
Auch an meiner Geschichte für die Ausschreibung Fantastische Welten 2020 habe ich mit der ernsthaften Überarbeitung begonnen, nachdem ich die bereits vorhandene Geschichte in eine neue Umgebung umgetopft habe. Sie war anschließend zu lang. Noch ein Problem, das mir eher selten unterkommt. Also fing ich an, zu kürzen. Aktuell habe ich 207 Worte Luft bis zum Maximum. Ob das reicht, um die Kurzgeschichte auszuschmücken, sodass potenzielle Leser nicht mehr das Gefühl haben, eine Fantasydissertation zu lesen? Ich bin skeptisch. Ich habe bereits mit dem Ausschmücken begonnen und das erste Drittel der Geschichte durch, wobei das nicht heißen soll, dass die jetzt perfekt ist. Daran zweifle ich doch stark. Es bleiben also noch ungefähr dreieinhalb Seiten. Wie können da 207 Wort ausreichen? Ich bin leicht verzweifelt, aber hier habe ich wenigstens bis zum 30. November Zeit, um das Problem zu lösen. Ich werde auch ganz sicher eine Lösung finden. Ich stehe aktuell nur mächtig auf dem Schlauch. 🤪
Vorgestern begann ich eine Aufgabe, mit der ich mich noch nie befassen musste. Eine Danksagung zu schreiben. Himmel, das ist immer noch so unrealistisch für mich! Mir treten oft die Tränen in die Augen, wenn ich die Danksagungen in den Büchern anderer Autoren lese, weil mich ihre Dankbarkeit ergreift. Ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann selbst eine schreibe und dabei so richtig heule. Aber es ist nur logisch. Ich habe über Gefühle gesprochen, über die ich sonst vermeide, auch nur nachzudenken. Natürlich musste mich das emotional überfordern. Am liebsten hätte ich den Text direkt an den Verlag geschickt. Weg, Augen davor und der damit verbundenen Überforderung verschließen, alles vergessen. Aber ich bin nun einmal gewöhnt, dass ich wichtige Texte noch etwas liegenlasse, damit ich Dinge, die mir erst später einfallen, noch einfügen kann. Manchmal fällt mir im Nachhinein auch eine bessere Formulierung ein, die verständlicher und einfacher ausdrückt, was ich sagen will. Dann bin ich froh, wenn ich das noch anpassen kann. Heute bin ich mit meinen Gefühlen wieder im Einklang. Es war im ersten Moment zwar verwirrend für mich, aber es ist eine Erfahrung, die ich nicht hergeben will. Und natürlich ist mir heute Morgen eine Ergänzung eingefallen, die ich gleich einfügen werde. Ich behalte diese Danksagung ungern noch ein paar Tage für mich, aber es ist besser so.
Nun hatte ich während des Schreibens dieses Artikels eine ganz verrückte Idee. Mir hat es effektiv gutgetan, die Danksagung zu schreiben. Ich spreche eben viel zu selten wirklich über meine Gefühle, deute sie oft höchstens an und lasse meine Mitmenschen interpretieren. Ich frage mich, ob es noch mehr Menschen so geht. Würdest du an einem Experiment teilnehmen wollen? Du musst mir das Ergebnis nicht mitteilen. Es ist ein Test für dich selbst. Schreibe deine eigene Danksagung. Man muss keinen Roman veröffentlichen, um eine Danksagung schreiben zu dürfen. Überlege, wem du dankbar bist. Wer hat dich geprägt? Da können auch Handlungen von Personen, die dir zunächst geschadet haben, eine letztlich positive Rolle spielen. Sollte man diesen Personen nicht auch dankbar sein? Wichtig ist, dass du nicht nur eine Liste mit Namen erstellst, sondern dazuschreibst, warum du ihnen dankbar bist. Schreibe eine kleine Anekdote dazu, damit es jeder verstehen kann, auch wenn du deine Danksagung vielleicht anschließend direkt verbrennst oder wieder von der Festplatte löschst. Spreche die Personen in deiner Danksagung direkt an, so als stünden sie vor dir und du würdest mit ihnen reden. Das macht es plastischer. Vielleicht willst du anschließend jemandem etwas mitteilen? Ich denke, wir zeigen zu selten unsere Dankbarkeit oder speisen unsere Menschen mit einem automatisch dahergeredeten Danke ab. Dein Gegenüber würde es freuen, aber auch, wenn du die Erfahrung für dich behälst, wirst du definitiv anschließend um einige Erkenntnisse reicher sein.