Leserückblick „Neue Geschichten aus den Herbstlanden“

Es hat etwas gedauert, aber endlich bin ich dazu gekommen. Ich habe die Anthologie „Neue Geschichten aus den Herbstlanden“ aus dem Verlag Torsten Low gelesen. Sie enthält 24 Kurzgeschichten, die allesamt eines gemeinsam haben. Die Herbstlande.

Herausgeber dieser Anthologie ist Markus Heitkamp. Die Herausgeberschaft ist, das weiß ich aus Erzählungen, kein einfacher Job. Man muss sich um einen Ausschreibungstext kümmern, bei einer geschlossenen Ausschreibung die Autor*innen persönlich anschreiben und um einen Beitrag bitten, ggf. die Geschichten auswählen, die in das Buch kommen sollen, und vieles mehr. Der Herausgeber hat seinen Job verdammt gut gemacht. Mindestens die Hälfte der teilnehmenden Autor*innen sind mir ein Begriff und keine*r hat mich enttäuscht.

Es würde leider den Rahmen sprengen, würde ich auf jede einzelne Geschichte eingehen. Daher erzähle ich nur von denen, die mir spontan einfallen. Das sollten auch diejenigen sein, die mich am meisten beeindruckt haben.

So geht es mir mit „Das Rufen des Ozeans“ von Jörg Fuchs Alameda. Jörg schaffte es, dass ich während des Lesens gedanklich von „Wohin entführt er mich jetzt schon wieder?“ über „Wie schön diese beiden Puzzleteile zusammenpassen!“ zu „Irgendwie hat so alles seine Richtigkeit.“ wechselte. Eine bittersüße Geschichte.

„Die Zaudermaus“ von Fabienne Siegmund ist eine unheimlich süße Geschichte. Um das zu ahnen, brauchte ich nur den Titel zu lesen. Es ließ direkt ein Bild in meinem Kopf entstehen. Es geht um Ängste und deren Überwindung – ein Thema, mit dem sich jeder auskennen dürfte.

Noah Stoffers hat mich mit seiner Geschichte „Reisende im Nebel“ in die nebligen Straßen Londons gezogen und von dort noch viel weiter. Die Geschichte hat Jack-the-Ripper-Vibes und wird am Ende noch gruseliger. Ich fand die Hauptfigur darin richtig stark. Warum? Das musst du selbst herausfinden.

„Ein Silberstreif am Horizont“ von Lisa Dröttboom hat mich schon im „Happy verpeilt“-Stream von ihr und Hanna Nolden total begeistert. Es geht um einen Wolf, der wegen seiner Andersartigkeit zum Außenseiter wurde. Die Einsamkeit dieses Wolfs ist mit Händen greifbar. Umso mehr habe ich mich über das Ende gefreut. „Die Fee des Weges“ von Nina Bellem hat mich auf ähnliche Weise berührt. Definitiv eine Leseempfehlung von mir.

In „Novemberlöwe“ von Stefanie Bender kann man sehen, wie unterschiedlich die Wahrnehmung sein kann. Jemand voller Schuldgefühle kann von jemand anderem als Held gesehen werden. Trotz der schweren Thematik eine wundervolle Geschichte.

Es lohnt sich, das gesamte Buch zu lesen und zu sehen, wie sehr sich diese Anthologie von der ersten unterscheidet. Wo die Geschichten sich in der ersten noch sehr viel in den Herbstlanden aufhalten, sind die Herbstlande hier oft „nur“ ein Zwischenstopp oder der Ursprung der Figuren. Das ist auch eine schöne Botschaft, die vermutlich gar nicht beabsichtigt war. „Da, wo wir uns gerade befinden, muss nicht das Ende unserer Lebensreise sein. Es gibt immer ein Weiter, bis zum letzten Atemzug.“

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