Leserückblick „Der Zirkus der Einhörner“

Auf der Leipziger Buchmesse habe ich mir „Der Zirkus der Einhörner“ von Fabienne Siegmund gekauft. Es ist eine Art Märchen, gerade einmal ein paar vierzig Seiten lang und mit vielen Bildern bestückt.

In dem Buch geht es um Tali. Sie ist stumm und taub, aber die größte Behinderung für sie ist ihr fehlendes Herz, weswegen sie auch nicht fühlen kann. Das macht sie allerdings auch zur perfekten Pflegerin für die Einhörner und einen mysteriösen Vogel, der jeden Tag ein Herz verspeist, weil sie keine Angst vor diesen Wesen hat. Gemeinsam leben sie in einem Zirkus, als ein Mann auftaucht, der zwei Herzen hat.

Ich liebe ja die Bilder, die die Autorin aus Worten zu malen vermag. Ihr Stil passt perfekt zu einem Märchen. Ich bewundere sie auch für ihren Einfallsreichtum. Sie hat in meinen Augen eine zauberhafte Geschichte erschaffen, die von den Bildern der Illustratorin Veronika Schnattinger an Plastizität gewinnt. In dieser Geschichte kämpfen die Menschen gegeneinander. Der Frieden kann nur einkehren, wenn Tali erfolgreich ist. Laut dem Vorwort hat die Autorin diese Geschichte geschrieben, als sie selbst recht verzweifelt über die Umstände in der Welt war. Ich glaube, das kann man beim Lesen spüren. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass mir etwas verborgen blieb. Liegt es daran, dass ich nicht dieselben Schlüsse wie die Autorin aus den Ereignissen in der Welt geschlossen habe? Fehlt mir eine Erfahrung? Oder konnte ich einfach nicht gut genug zwischen den Zeilen lesen? War ich womöglich zu sehr von den offensichtlichen Inhalten der Worte eingenommen, um tiefer zu graben? Das Gefühl bleibt, dass mir etwas entgangen ist. Das ist allerdings kein Problem. Bei der Länge des Märchens ist es ein Leichtes, es irgendwann erneut zu lesen. Vielleicht kann ich dann das entdecken, von dem ich glaube, dass es mir fehlt. Das passt auch wieder zur Geschichte. Immerhin fehlt der Hauptfigur das Hör- und Sprechvermögen, aber vor allem ein Herz.

Ich kann hier keine uneingeschränkte Leseempfehlung geben, weil ich nicht weiß, was mir verborgen geblieben ist. Aber auch ohne diese tiefere Botschaft ist das Märchen schön. Eines für Erwachsene. Für Kinder ist es zu grausam. Wobei, vielleicht können sie tiefer sehen. Ihre Herzen sind noch unvoreingenommen und rein. Sie können Einhörner sehen, wo wir Erwachsene nur Pferde sehen. Vielleicht liegt die Botschaft für sie auf einem Silbertablett.

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